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Das Netz ist allgegenwärtig und durchdringt den Alltag. In Bälde wird es zum Quantensprung kommen, ein Massenmedium zu schaffen, daß Fernsehen und WWW kombiniert.

Doch man kann den gewünscht einfachen Zugang zum World Wide Web auch kritisch-polemisch betrachten, so wie Axel Schwickert es formulierte: "Heutzutage darf jeder Idiot für ein Taschengeld ins Internet, während man vor Jahren wenigstens einen Studienplatz dafür brauchte."[Zit. n. Schwickert, Axel C., Informationelle Unhygiene im Internet, Vortrag bei der Ferienakademie der Wirtschaftswissenschaftlichen Universität Leipzig, Handout zum Referat am 23. September 1997, Eingespeist unter http://service.wiwi.uni-mainz.de/dl/down.phtml?dl_nr=59, Recherche vom 30. März 2000.] Die verschiedenen Dienste des Internets - vor allem das WWW - machen es einer kleinen Minderheit von Rechtsextremen in der Gesellschaft möglich, wesentlich mehr Öffentlichkeit, insbesondere junge Mitbürger, unter Ausnutzung der Technikbegeisterung bei Jugendlichen zu erreichen, als dies über herkömmliche Medien möglich ist. Zudem hilft die Anonymität des Internets, Hemmungen auf Nutzerseite zu überwinden, mit den Betreibern dieser Homepages Kontakt aufzunehmen, bzw. als Sympathisanten auf schnellstem Wege Materialien und Texte multiplizieren zu können. Insbesondere Heranwachsende werden durch "attraktive" Musikangebote[ "Das Thule-Netz präsentiert voller Stolz: Neue MP3-Musik. Die MP3-Datenbank wurde erweitert. Für eine Liste der neuen Dateien rufen Sie folgenden Link im Browser-Fenster auf:http://www.thulenet.com/strafbar/musik.php3?dates=2000-12-03&submit2=Such"] angesprochen, Antisemitische Spiele wie das "Juden-Moorhuhn" oder "Runen-Tetris", die Musiktauschbörse "Napster", zu deren Nutzung und dem Austausch rechter Skinheadmusik die einschlägigen Websites explizit aufrufen, tun ihr weiteres.

Das Internet ist ein nicht zu kontrollierender Informationsmarktplatz, Tauschbörse und Marketinginstrument und schafft "Gegenöffentlichkeit". Verbote helfen zumeist wenig, es müssen einheitliche Ethics vereinbart werden. Der Wert der Freedom of speech darf insbesondere in Nordamerika nicht unterschätzt werden. "Aber die Nazi-Homepages im Internet sind, verglichen mit der Gesamtzahl der Web-Seiten, nicht mehr als ein Bonsai, verglichen mit dem Amazonas-Urwald." (Burckhard Schröder)[ Zit. n. Burckhard Schröder, URL: http://www.hvhs-hustedt.de/bsnazi.htm, Abruf vom 27. Januar 1998.] Beunruhigend jedoch ist neue "Qualität" der Inhalte und die steigende Radikalität. Ging es 1992 noch um "national befreite Zonen", so wird heute vor offenen Mordaufrufen im Netz nicht mehr zurückgeschreckt, und auch die Anti-Antifa ist ein wichtiger Faktor der Politisierung und des Ideentransports geworden. Unterschätzt wird ferner der Schulterschluss zwischen Neonazis und Fußballhooligans, obwohl Unterwanderungs- und Instrumentalisierungsversuche dieser eigentlich unpolitischen Szene seit Jahren bekannt sind. Auch Subkulturen, von denen man es auf den ersten Blick nicht erwarten würde, werden gezielt von rechtsextremen Kräften unterwandert und instrumentalisiert.[ Dazu ist eine bemerkenswerte Untersuchung der sogenannten "Gothic-Szene" erschienen: Tandecki, Daniela, "NACHTSAITEN DER MUSIK. Grauzonen und Braunzonen in der schwarzen Musikszene", Berlin 2000, Eingespeist unter http://www.kas.de/dokumente/pdf/blackkas.pdf, Download vom 31. März 2000] Außerdem gibt es die Forderung, in den bewaffneten Untergrund zu gehen. Man kann in einem dezentralen Medium nur schwer mit Verboten oder Filtersoftware etwas erreichen. Das WWW interpretiert Sperrungen als Fehler und umgeht sie. Wichtig ist eine argumentative Auseinandersetzung mit dem rassistischen und antisemitischen Wahn. Und die Schaffung von kritischer Medienkompetenz für junge Nutzer. Etwas muß man sich letztendlich vor Augen halten: Es wird zu oft vergessen, daß fast alle Deutschen rechte Gewalt zutiefst verabscheuen.

 

Heiko Schomberg, Marburg, den 09. Dezember 2000

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