Posting im Forum von Torfabrik

 

Mönchengladbach, den 18. März 2004

"Möööööööööööööööööööönchengladbach.... "

Geschrieben von Schomberg am 18. März 2004 um 19:45:11 Uhr
IP gespeichert: [sppp253.stud-ppp.uni-marburg.de]

Scheisse vom Niederrhein! (Nach dem DFB-Halbfinale)

Am Donnerstagmorgen, um 2.45 Uhr nach der Rückkehr aus Aachen, wollte ich nicht direkt hier und bei Torfabrik posten, es hätte vermutlich zu unüberlegten Äusserungen gegen die „Mannschaft“ kommen können, die wenn auch nicht alle juristisch angreifbar, zumindestens ästhetisch eher unfein gewesen wären. Oder um die „Dame“, die in Aachen neben uns im Z-Block stand (völlig aus der Welt gebeamt mit allen Rauschmitteln dieser Welt, eine laienhaft ausgeführte Playboybunnytätowierung und eine spiegelverkehrte (!) Raute auf dem ledrigen Unterarm) zu zitieren, die Anfeuerungen der Aachener unisono mit „Ihr Wi***ers!“ konterte:

Die Mannschaft war eine Ansammlung von unfähigen Wi***er’s!

Nicht nur Rache, auch Wut ist ein Gericht, das am besten kalt serviert wird (altes klingonisches Sprichwort), deshalb hier ein paar Überlegungen:

Warum trägt der VfL Borussia Mönchengladbach eigentlich nicht schwarz und gelb in den Vereinsfarben? Dann könnte man wenigstens zu recht singen: "Wir tragen schwarz - wir tragen gelb - wir sind das dümmste Team der Welt!". Dann würde es stimmen! Ich kann immer noch nicht glauben, wie man so leichtfertig und dreistdumm am Mittwoch die Chance auf's internationale Geschäft und eine wichtige Finanzspritze (5 Millionen Euro) für meinen Ex-Verein soooo verspielen konnt.... liegt bestimmt nicht daran, dass man nur im eigenen Saft kocht und kein Know-How von außen einkauft....

Wie immer war der böse Schiedsrichter schuld, er hätte einen Handelfmeter geben müssen (hätte man diesen verwandelt?), doch wäre dies die allzu billige Ausrede für die „Profis“ (auch hier muss ich abermals gesondert auf die Anführungsstriche hinweisen!) und Harmoniesüchtige gewesen; dieser Ausgleich hätte übertüncht, was für den Livezuschauer überdeutlich war: Das man das schlechtere + ideenlosere Team zweier schlechter und ideenloser Mannschaften war. Man erhält von Kölnern mitfühlende Botschaften á la „Mein Beileid. Fussball ist doof.“ Und wird von Frankfurt nahestehenden Arbeitskollegen verhöhnt. Kennt man ja schon. Und hat damit wieder den Anti-Hornby-Effekt: Die nicht so sehr im Fussball verwurzelten Freunde in ganz Deutschland sitzen vor dem Fernseher und denken: “Borussia Mönchengladbach? Mensch, dass ist doch der Verein für den der Irre wieder an die belgische Grenze gefahren ist, oder?!“

Der 40jährige Mann im Tor (erhält vermutlich noch einen Zweijahresanschlussvertrag?) stellt die Mauer wie ein D-Jugendlicher. Und dann dieser brandgefährliche Ball mit Effekt: Nicht „Clausi, wink’ doch mal!“ sondern lieber „Clausi, halt doch mal!“ Zu Jeff Strasser habe ich mich im Stadion schon mit 200 Phon und auch im Forum pointiert geäussert. Dieses Ding nehme ich nicht mehr wahr, nur soviel zu diesem Gegenstand: Der Ein oder andere könnte – wäre ich mit ihm fertig – folgendes Buch lesen: Aufzeichnungen eines Proktologen, 4. Teil: Die Überraschung mit dem silbernen Fussballschuh! (Und wie ich ihn entfernte).

Arie van Lent: Deine Zeit ist vorbei! Als vierter Stürmer auf Abruf – o.k. – aber die Langweilernummer Arsch raus, Ball abtropfen lassen und dann hilft der liebe Gott, ist einfach nicht mehr zu ertragen! Wobei wir bei Holger Fach sind, dem ich bis dato nichts vorzuwerfen hatte. Bis zum Spiel in Aachen! Wie kann man „Hintern-raus-Tropf-Tropf!-Gott helfe mir!!“ im Spiel lassen?! Wenn der Arieeeeeeeeeeeeeee sich beim 1:0 schon aus der Mauer dreht, kann er eigentlich auch in der Kabine bleiben. Verdienste hin oder her – wir brauchen Taten, brauchen Männer! Und nicht drei gleiche Spielertypen auf dem Platz (Kolkka, Maric, van Lent!). Diese Spieler habe ich mir mal pars pro toto rausgepickt! Man könnte auch über den Sportsfreund Korzynietz lamentieren, der es nicht schafft, mal zur Grundlinie durchzugehen und eine vernünftige Flanke zu setzen. Es liegt nicht nur an meiner Mitgliedschaft im MPFF, das ich mir händeringend die Rückkehr des Pletschers wünsche und todtraurig über den Ausfall der stabilisierenden Kraft Ruben bin. À propos Maric: Der wird von den meisten Fans wie der Heilsbringer gefeiert. Nicht schlecht für jemanden, der eigentlich nur zehn Minuten Puste für’s Spiel hat und nur ein Ziel vor Augen: Bei der EURO 2004 für Kroatien zu spielen und nicht in der Saison 2004/2005 gegen den Wuppertaler SV oder Karlsruhe Tore zu schiessen.

Das ist keine Mannschaft – das ist ein Schaulaufen für die neuen Vereine, damit man gute Anschlussverträge nach dem Abstieg des bisherigen Brötchengebers erhält. Oder wie sprach der Kaleu des "Bootes", in einem Dialog mit seinem besten Freund Thomsen: "Das ist nicht mehr die alte Gang, Philipp. Jetzt kommen die Quexe, die Bubis, die Naßforschen" (oder so ähnlich). Soll auf unseren Fall übersetzt heissen: „Das ist nicht mehr das alte Team, jetzt kommen nur noch die Söldner, die Spinner, die Strassers!“ (oder so ähnlich).

Man sah gestern auch den ein oder anderen Mitarbeiter der Borussia im Block, tief betroffen über den Graupengrottenkick, aber noch eine Spur trauriger als der eh leidgeprüfte BMG-Supporter: Ein Sieg und drei internationale Heim- und Auswärtsspiele wären auch ein „Stück weit“ Arbeitsplatzsicherheit gewesen!

Und dann auch noch der psychologische Faktor! Während die Mitgucker nicht eine Sekunde daran geglaubt haben, daß die „Mannschaft“ das nach dem Freitstoss noch dreht und sich am F-Jugend-Klein-Klein auf der Willi Landgraf-Seite erfreuten, muss man auch noch Optimismus verbreiten und das Umfeld mit Platitüden á la „Das schaffen die noch!“, „Ich habe heute ein gutes Gefühl!“, „Nächstes Jahr saufen wir international!“ an der Realität auf dem Platz vorbeischmuggeln! Das ist nicht mehr auzuhalten. Das Team treibt einen in die Tablettensucht, man wird Opfer von, wie es ein Mitborusse ausdrückte, der dennoch nach München fährt und sich am Samstag gegen den HSV auf ein weiteres „grandioses Fussballfest“ freut, „Herzinfarktgefahr... Magengeschwüren... schleichender Depression... Realitätsverlust... Leberschäden... GALOPPIERENDEM SCHWACHSINN“. Nächstes Jahr also nach Regensburg... da hat man dann genügend Zeit, sich über die goldenen Zeiten des Zentrums unserer selbstzerstörerischen Sucht auszutauschen!

Man will ja nicht alleine der Idiot sein, nein, fast zwanghaft muss man auch anderen das Leben kaputtmachen und das masochistische Virus Borussia an die nächste und übernächste Generation weitergeben. Beispielsweise an mein Patenkind, das ich noch einmal mit zum Bökelberg nehme, damit er ihn vor dem Abriss noch einmal gesehen hat und später sagen kann: „Tja, mein Onkel hat mir mein Fussballleben versaut, aber immerhin habe ich noch ein Spiel auf dem Bökelberg gesehen!“ Und natürlich – die romantische Verklärung kann mir selbst diese Ansammlung von ICH-AGs auf dem Platz nicht kaputtmachen – werde ich zum letzten Spiel an den Bökelberg fahren, vermutlich wird es auch das vorerst letzte Spiel in Liga 1 sein. Aber Hauptsache unser Präsidium (enthält garantiert keinen Fussballsachverstand!) hat sich sein Denkmal hingestellt – der Rest läuft von alleine (siehe auch van Lent, Arie, „Gott helfe mir!“).

Leider wird wieder alles auf die sportliche Leitung abgewälzt, die Fehler liegen aber vor allem im nichtsportlichen Bereich. Wo bleibt „unser“ Bruchhagen, „unser“ Rüssmann, wo bleibt mal die Professionalisierung auch des Umfeldes des Vereins, der Einkauf von Profitum in Merchandising, Sponsoring etc. Denn – sollten wir die Klasse halten – ich mag seit Mittwoch nicht mehr dran glauben – dann muss die Inzestnummer beim Verein aufhören. Das gilt auch und im besonderen – für den Amateur- und Jugendbereich. Hier müssen professionelle Strukturen aufgebaut werden. Der letzte Nachwuchsglücksgriff war Deissler (und das war ein Zufall resp. Nebenprodukt). Ein mönchengladbacher Podolski ist auf die nächsten Jahre nicht in Sicht. Ich bin selten so desillusioniert und doch bestätigt aus dem Stadion raus wie am Mittwochabend.

In diesem Sinne viel Spass im Abstiegskampf, nächstes Jahr sehen wir ja vielleicht internationale Spiele auf dem Bökelberg, wenn die Kartoffelkäfer aus UEFA-Restriktionen nicht in ihrer Butze spielen können und die leidensfähigsten Hopper unter uns sich Knaller wie Alemannia Aachen gegen Rotor Wolgograd auf dem Berg angucken... während wir Montags im großartigen neuen Stadion vor 15.000 Zuschauern BMG gegen Wacker Burghausen unterstützen.

 

Übrigens: Fussball interessiert mich nicht! Ich gehe jetzt zum Eishockey! Da braucht man keine Bindung zur Stadt, das Team wird alle naselang umbenannt, zieht von A nach B und es ist egal ob man Fan der Hamburg Freezers, Ingolstadt Biertrinkers oder Krefeld Tölpels ist. (Das ist das Gegengift zu „Wir sind ein einig Volk von Masos, hipp hurra, Borussia!“). Vielleicht widme ich mich einem neuen Hobby, der feinen Küche. Und doch käme bestimmt – früher oder später – ein Rückfall. Was sagen denn die eingeladenen Gäste (natürlich Abendgaderobe), wenn man als Ameuse Geule Gänseleberpralinen auf Pumpernickel an gedünstetem Fenchel serviert und diesen dann mit schwarz-weiss-grüner Lebensmittelfarbe versetzt...? drum singen wir es immer wieder, hurra, hurra, der Bus ist da!

 

 

zurück